Steigerwaldbäume aus Wachenroth werden in ganz Süddeutschland verkauft.

Tausende Tannenspitzen ragen in den Winterhimmel, dicht an dicht stehen Nadelbäume auf dem Plateau bei Wachenroth im Landkreis Erlangen-Höchstadt. Der Großteil der Bäume ist eingenetzt und etikettiert, andere warten in Gitterkisten auf ihren Abtransport. Unzählige große und kleine Tannen wachsen auf den Äckern rundherum. Auf dem Areal bei Wachenroth ist nicht etwa der Weihnachtsmann der Chef, sondern Wilhelm Beßler und Dieter Rippel haben hier das Sagen. Seit 1985 verkaufen die beiden Christbäume. Aus einem Zweimann-Unternehmen ist einer der größten Produzenten von Weihnachtsbäumen im süddeutschen Raum geworden.

Dieter Rippel und Wilhelm Beßler beschäftigen heute sechs Angestellte in Vollzeit, fünf in Teilzeit und eine wechselnde Zahl von Saisonarbeitskräften. Jetzt, in der Hochsaison, helfen an die 80 Menschen aus Rumänien im Betrieb mit. Inzwischen ist mit den Söhnen Max und Michael Beßler die zweite Generation am Werk. „Es wird viel vorgeplant, auch mit Computern“, so die beiden Firmenchefs. Nur in drei Monaten im Jahr, nämlich im Oktober, November und Dezember, machen Rippel und Beßler Umsatz. „Da kommen einige Millionen Euro zusammen“, meint Dieter Rippel. Das Geld muss für Gehälter, den Anbau und die Pflege der Bäume und für Investitionen während des gesamten Jahres reichen.

Nordmanntannen sind gefragt

Auf 250 Hektar Land werden einige Hunderttausend Bäume von der Rippel und Beßler GbdR Weihnachtsbaumkulturen angebaut. Über den Weihnachtsbaumgroßhandel Rippel und Beßler OHG läuft der Verkauf. „Zwischen Ende Oktober und Mitte November kommen die Händler vorbei, suchen sich ihre Ware aus und holen sie ab“, erklärt Dieter Rippel. Zum Kundenstammen gehören Baumärkte und Gartencenter aus der Region, Kommunen, Unternehmen und vereinzelt Straßenhändler. Sie haben die Wahl zwischen Nordmann- und Nobilis-Tanne, Rot- oder Blaufichte sowie Schwarzkiefern. Die Bäume gibt es abgeholzt als klassischen Weihnachtsbaum, im Topf oder als Schnittgrün. „Zu 90 Prozent verkaufen wir Nordmanntannen. Sie sind beliebt, weil sie einen schönen Wuchs und sattes Grün haben und lange haltbar sind“, erklärt Rippel.

Abgeholzt werden die Bäume nach dem vierten bis zehnten Standjahr. „Um Kahlschlag zu vermeiden, entnehmen wir aus einer Kultur nur einzelne Bäume“, sagt Dieter Rippel. Inmitten der vor hungrigen Rehen und weiteren unerwünschten Besuchern eingezäunten Baumreihen fühlen sich Ringelnattern, Lärchen, Bodenbrüter und Hasen wohl. Verlässt ein besonders großer Baum die Plantage, schmerzt die Baumzüchter das: „Es sind Lebewesen. Wir haben eine gewisse Zeit mit ihnen verbracht und sie gehegt und gepflegt“, sagt Wilhelm Beßler. Die ganz großen, die Markt- und Rathausvorplätze schmücken, sind bis zu zwölf Jahre alt. Auch Unternehmen haben ein Faible für opulente Bäume und reichlich Grünschmuck. „Manche geben für ihre Weihnachtsgestaltung bis zu 40 000 Euro bei uns aus“, so Dieter Rippel.

Irgendwann in den 1980ern fing es an mit den Bäumen: Nach der gemeinsamen Ausbildung – Rippel ist Forsttechniker und Beßler Forstwirt – standen beide vor der Frage, was sie in diesem von Natur und Landwirtschaft geprägten Landstrich an der Grenze zu Oberfranken arbeiten sollen. „Klassischer Landwirt werden, wie alle hier? Nein, wir wollten es anders machen“, erinnert sich Wilhelm Beßler. Geprägt von ihrer Leidenschaft für Bäume pflanzten die beiden anstatt Getreide und Gemüse Weihnachtsbäume auf die Äcker. „Anfangs haben uns die Leute für verrückt gehalten und gelacht“, sagt Beßler. Über 30 Jahre später tut das keiner mehr. Die Landschaft rund um Wachenroth ist zum Weihnachtsbaumland geworden. „Inzwischen können wir den großen Baumproduzenten, die in Dänemark und im Sauerland sitzen, Märkte abnehmen“, so Rippel. Gut im Baumgeschäft sind Rippel und Beßler seit 1990. Damals hatte die erste Baumarktgruppe einige zehntausend Bäume abgenommen. 1996 erfolgte die Gründung der Weihnachtsbaumkulturen GbdR, seitdem wachsen die Bäume und die Geschäfte. Weihnachtsbäume aus dem Steigerwald sind über die Region hinaus gefragt.

„Die Leute wollen ihren Baum“

Im November fährt ein Lkw nach dem anderen die schmalen Dorfstraßen hoch zum Lager- und Umschlagplatz bei Rippel und Beßler. Zurück geht es vollbeladen in die Städte, Baumärkte und Einkaufszentren. An die 300 000 selbst angebaute Weihnachtsbäume hat das Unternehmen in dieser Saison verkauft. Doch auch wenn die Preise überall explodieren und auch beim Baumverkauf angehoben werden müssen: Krieg und Krisen können das Geschäft nicht vermasseln. „Die Leute wollen ihren Baum. Das ist stark verwurzelt bei uns“, ist Wilhelm Beßler überzeugt.

Heuer haben die Baumärkte jedoch vorsichtig eingekauft: Etwa zehn Prozent weniger als im Vorjahr hätten die Baumärkte und Gartencenter abgenommen, dementsprechend weniger Bäume wurden eingeschlagen. „Das könnte kurz vor Weihnachten Schwierigkeiten bereiten“, meint Dieter Rippel. Die Saisonkräfte sind dann im Weihnachtsurlaub, das Abholzen und Verkaufen müsste anderweitig gestemmt werden. Dass es klappt, davon sind Rippel und Beßler dennoch überzeugt. Für Weihnachtswunder sind sie ja schon seit fast 40 Jahren zuständig.

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(dr.)

Quelle: Wirtschaft in Mittelfranken 12 | 2022