Seit wenigen Monaten gibt es in Bubenreuth eine riesige Boulderhalle. Und die Betreiber planen schon die nächsten Projekte.
Holz ist omnipräsent in der neuen Boulderhalle in Bubenreuth: Man sieht es von außen, wenn man mit der S-Bahn oder auf der A 73 daran vorbeifährt, man sieht es im Innenbereich, an Balken, Wänden und Treppen, die aus dem Rohstoff gezimmert sind. Und vor allem: Man riecht es. Kein Wunder: Insgesamt 1 400 Kubikmeter Holz wurden in dem 14 Meter hohen, wabenförmigen Gebäude verbaut. Rückbaubar sollte es sein, sodass man es irgendwann einmal restlos wieder abbauen könnte, sagt Simon Brünner, Geschäftsführer der Blockhelden GmbH, die die Boulderhalle nahe dem als Klettergebiet beliebten Frankenjura betreibt. Wegen des hohen Bedarfs an Holz als Baumaterial habe man während der Bauzeit, die von Herbst 2020 bis Anfang 2022 dauerte, den Holzmarkt und dessen Preisentwicklung ständig beobachten müssen. Insgesamt betrugen die Baukosten für die Halle 10,5 Mio. Euro.
Über die schrägen und verwinkelten Flächen der Boulderhalle, die zusammen rund 3 500 Quadratmeter ergeben, verteilen sich die unregelmäßig geformten, bunten Klettergriffe wie Muscheln an einem Schiffsrumpf. An ihnen hangelt man sich bei dieser Sportart entlang, bei der man sich typischerweise in Absprunghöhe befindet, sodass man ohne Verletzungen von der Wand zum Boden abspringen kann. Die Griffe werden zwei- bis dreimal die Woche umgeschraubt, damit sich immer wieder neue Routen ergeben. Ungefähr 5 000 Stück dürften an der gesamten Anlage verschraubt sein, schätzt Brünner, während er einen Rundumblick durch die Halle wirft. Es ist Vormittag und daher noch ruhig, die ersten Kletterbegeisterten, von denen die meisten zwischen 16 und 35 Jahre alt sind, werden erst ab Mittag die teils senkrechten, teils überhängenden Wände stürmen. „Generell haben wir Kunden von 0 bis 85 Jahre, was das Bouldern auch so besonders und schön macht“, so Brünner. An den Griffen und den Fallschutzmatten liegt stellenweise ein weißer Schleier aus Kalkpulver, er soll beim Klettern einen besseren Griff ermöglichen. Die Lüftungsanlage im Gebäude sorgt stets dafür, dass der feine Staub wieder aus dem Innenraum gezogen wird, zudem kümmert sich jeden Tag ein Reinigungsteam um die Sauberkeit. Etwa fünf Stunden dauert das, was nicht verwunderlich ist, da die Boulderhalle über eine Fläche von insgesamt 5 500 Quadratmetern auf drei Etagen verfügt – und damit nach Angaben des Blockhelden-Teams die größte der Welt ist.
Rundum-Angebot zum Bouldern
Da sie von Grund auf neu gebaut wurde, konnten die Erlanger Kletter-Fans sie ganz nach den eigenen Ideen und Bedürfnissen ausrichten. So gibt es nicht nur die Boulderwände mit angeschlossenen Umkleiden und Duschen, sondern auch einen Kinderbereich mit speziellen Kletteranlagen und Räumen für Kindergeburtstage, außerdem ein Bistro mit eigener Küche, einen Kraftraum und einen Markenladen, in dem man Schuhe und Ausrüstung zum Bouldern, Klettern und Wandern einkaufen kann. Seit Kurzem steht auch ein Yoga-Bereich für die Gäste zur Verfügung, zudem sollen noch Reha-Räume eingerichtet werden, in denen man sich physiotherapeutisch behandeln lassen kann. Und wer die eigene Klettertechnik erlernen oder verbessern möchte, kann verschiedene Kurse mit spezialisierten Trainern belegen. Ergänzend gibt es eigens entwickelte Trainingsgeräte für zuhause zu kaufen.
Mit diesem umfassenden Angebot verfolge man ein ganzheitliches Konzept rund um den eigentlichen Sport, erklärt Brünner: Dieses schließe neben dem Klettern auch die Aspekte Ernährung und Physiologie mit ein. Bei der Innenausstattung für die vielfältigen Räumlichkeiten setzt das Bubenreuther Unternehmen weitgehend auf Selbstversorgung: Den größten Teil der Einrichtung – von den Wandelementen über die Betonwaschbecken in der Umkleide bis zu den Stühlen im Bistro – stellt eine Tochterfirma in Polen mit eigener Werkstatt her. Eine weitere Eigenentwicklung der Boulderexperten ist derjenige Bereich der Kletteranlage, der als „Deep Net Soloing“ bezeichnet wird und den es sowohl in Bubenreuth als auch am zweiten Standort in Bamberg gibt: Dabei klettert man – statt in der üblichen Höhe von bis zu 4,5 Metern über dem Boden – im Deckenbereich der Halle über einem Auffangnetz im selben Abstand. Hierfür sei aber eine spezielle Schulung nötig, so Brünner. Das Prinzip stammt vom „Deep Water Soloing“, bei dem man an einer Klippe über dem Meer klettert, sodass man im Falle eines Sturzes ins Wasser fällt.
Der Blockhelden-Chef ist ausgebildeter Designer und schon lange im Klettersport aktiv, er begann damit im Kindesalter. Als Jugendliche suchten sich er und sein Geschäftsführerkollege Simon Herr Mitte der 90er Jahre ein neues Betätigungsfeld: Im Gemeindehaus in Bruck begannen sie mit dem Bouldern. „Da haben wir im Heizungskeller trainiert, aber da roch es immer nach Öl“, erinnert sich Brünner. Weil sich die beiden schon seit Kindestagen kennen, hätten sie in den Jahren darauf bei gemeinsamen Projektarbeiten gemerkt, dass sie gut zusammenarbeiten können. Also entschieden sie sich, eine Boulderhalle zu bauen. Dafür gründeten sie 2011 die Blockhelden GmbH und eröffneten die Sportanlage im Herbst 2012 in einem ehemaligen Autohaus in Erlangen-Dechsendorf. Das Besondere: Die Kletteranlage befand sich nicht in einer fensterlosen, ehemaligen Industriehalle, wie das zu dieser Zeit noch üblich war. Vielmehr war die Sporthalle, die mit Eröffnung des Neubaus in Bubenreuth geschlossen wurde, durch die bei Autohäusern typische Bauweise mit großen Fensterflächen ausgestattet und dadurch mit Tageslicht beleuchtet. 2015 folgte dann schon die zweite Halle in Bamberg.
Weitere Hallen in Planung
Die Corona-Lockdowns hat das Unternehmen dem Blockhelden-Chef zufolge gut überstanden: Für die bereits bestehenden Hallen gab es Corona-Hilfen und auch das Personal habe man halten können. „Für uns war es ein Glück, dass die Beschränkungen zur Eröffnung der neuen Halle gefallen sind“, sagt Brünner. Doch an diesem Punkt ist für das Unternehmen, das in der Bubenreuther Halle auch seine Büroräume untergebracht hat, noch lange nicht Schluss: Weitere Projekte sind in Amberg und Bayreuth in Planung. Hierfür sind zwei Jahre Bauzeit eingeplant, angesichts der derzeit schwierigen Lage bei der Rohstoffverfügbarkeit könne man das aber nicht genau sagen, so Brünner. Die neuen Bauvorhaben werden über eine Eigenkapitalaufstockung mithilfe eines Investors geschehen. Hier sind die Gründer, die bis dato 100 Prozent der Anteile der Blockhelden halten, gerade in Gesprächen. Das Team, das aus 35 Vollzeit- und etwa 200 Nebenerwerbsbeschäftigten besteht, verfolgt darüber hinaus weitere ehrgeizige Ziele: „Wir wollen bundesweit Hallen bauen“, sagt Brünner, der sich um die Bereiche Projektmanagement, Strategie, Marketing und Architektur kümmert. Sein Weggefährte Simon Herr, seines Zeichens Physiker, ist für die Finanzen zuständig. „Bei der Planung der Vorhaben schauen wir aber nicht auf die Wettbewerber, sondern denken uns eigene Konzeptideen aus“, erklärt Brünner. Die Kletterszene in Nordbayern und darüber hinaus darf sich also in den nächsten Jahren noch über einige neue Bouldertempel freuen.